Der Minimalismus
Was meint Minimalismus?
Diese Bezeichnung wird in vielerlei Hinsicht, in allen
möglichen Bereichen unseres Lebens verwendet. Er bezeichnet sowohl einen
Bereich innerhalb der Ästhetik, was sich besonders in der Kunst, der
sogenannten Minimal-Art oder in bestimmten Formen der Architektur oder Musik
äußert, wie auch in einer Lebenseinstellung.
Minimal-Art
Minimal-Art entstand Ende der 50er Jahre in den USA. Sie
grenzte sich bewusst vom Subjektivismus des Abstrakten Expressionismus ab und
wandte sich gegensätzlich dazu einer stark reduzierten Formensprache zu, die
sich auf Geometrie und Wiederholungen gründet. Bewusst wird auf symbolische und
metaphorische Umsetzungen verzichtet, im Vordergrund stehen die Wechselbezüge
der einzelnen Elemente untereinander in Form von unmittelbarer Wahrnehmung von
Raum, Volumen sowie Material im neu geschaffenen Verhältnis von Betrachter, Ort
und Kunstwerk. Die Konzentration auf die Wahrnehmung schaffte damit eine neue
Art von Selbstreflexion.
Donald Judd, Untitled, 1977 | via |
Im Museum Wiesbaden sind Werke, u.a. von Donald Judd in der
Sammlung „Expressionismus bis Minimal“ zu sehen.
Die Auseinandersetzung innerhalb der gegenwärtigen Kunst mit
den Einflüssen der Minimal-Art sieht man beispielsweise in den Arbeiten des in
Frankfurt lebenden und arbeitenden Künstlers Tobias Rehberger. Im Sommer dieses
Jahres ist eine Ausstellung von ihm im Sinne der Fragestellung, ab wann
alltägliche Dinge zu Kunst werden, im Essl Museum bei Wien zu sehen. Dabei erweitert
er die traditionelle Rolle des Künstlers, der Kunstproduktion und der
Ausstellung um die interaktive Benutzerdimension.
Minimalismus in der Architektur
Der Minimalismus in der Architektur hat seinen Ursprung weit
vor der der Minimal-Art in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in der
klassischen Moderne. Beide Strömungen, die des Minimalismus in der Architektur
und der Minimal-Art sind jedoch vom Konzept der Einfachheit, der Ästhetik der reinen
Geometrie, der perfekten Proportion und dem sensibler Umgang mit den
Materialien verbunden.
Als einer der bedeutendsten Vertreter der reduzierten
Formensprache kann der Bauhaus-Direktor Mies van der Rohe nach der Parole des
„Less is more“ angesehen werden. Auch das Schweizer Architekturbüro Herzog und
de Meuron arbeitet nach dem Prinzip des Minimalismus und greift klare
Strukturen und reduzierte geometrische Formen auf.
Tate Modern; Herzog und de Meuron via |
Neue Nationalgalerie Berin, Mies van der Rohe via |
Minimal Music
Die Ursprünge der Minimal Music sind in Zusammenhang mit
Minimal-Art in den 19060er Jahren in den USA zu finden. Im Vergleich zur Kunst
finden sich auch hier die gleichen Strukturmerkmale wieder: starke Reduktion,
repetitive Strukturen und stabile Harmonik. Wie es jedoch in Künstlerkreisen
üblich ist, wehren sich ihre Vertreter häufig gegen eine von außen auferlegte
Etikettierung. Der Komponist Philip Glass sagte hierzu einmal: "Der
Begriff 'Minimalismus' wurde von Journalisten erfunden [...] Die Frage ist:
habe ich überhaupt jemals minimalistische Musik geschrieben? Ich wäre damals
jedenfalls nicht auf den Gedanken gekommen, meine Musik so zu nennen. Ich hielt
meine Musik für Bühnenmusik.“
Anfang der 1990er entwickelte sich im Bereich der
elektronischen Musik eine Stilrichtung, die Minimal Techno genannt wird und
sich durch 4/4 Takt, ein kühles Klangbild, gleichbleibendes Tempo und starke
Monotonie auszeichnet. Robert Hoods Album „Minimal Nation“ von 1994 gilt als
Ursprung dieser Bewegung. Künstler wie Richie Hawtin, Wolfgang Voigt (vor allem
mit seinen Stusio1-Platten) oder Daniel Bell griffen diese Idee auf, was
letztlich dazu führte, dass Minimal Techno zu einem der beliebtesten Genres
innerhalb der elektronischen Clubkultur wurde.
Minimalismus als Lebenseinstellung
Immer häufiger hört man heutzutage von allen möglichen
Seiten von einem Bedürfnis nach Minimalismus. Es scheint modern zu sein, sein
Leben in Abgrenzung zum Kapitalismus besonders simpel und auf das Wesentlichste
reduziert zu gestalten nach der Parole –Weg vom Konsum! Dabei steht doch vor
allem die Suche nach dem Glück im Vordergrund, die nicht durch materielle
Errungenschaften erfüllt werden kann. Ein neues Auto, ein schickes Kleid, das
neueste Must-Have für den Sommer sind ja doch nur Objekte von kurzweiliger Dauer
und befriedigen nur für einen Augenblick. Im nächsten Jahr, oder vielleicht
sogar schon in der nächsten Saison sind diese Dinge bereits langweilig und
totgesehen. Gerade innerhalb der Mode scheint das Prinzip des Minimalismus ein
unbekannter Begriff zu sein. Hat man doch das Gefühl, dass sie sich ständig neu
erfinden muss. Statt 2 Kollektionen im Jahr bringen viele Designer sogar noch
zusätzlich Pre-Collections auf die Laufstege, was letztlich zu einem schnelllebigen
und vielleicht sogar undurchsichtigen Markt führt. Entgegen diesen Trends sieht
man jedoch auch Designer, die auf das Klassische, auf die Zeitlosigkeit setzen.
Einer unter diesen ist der Belgier Dries van Noten. Der von ihm als
Arbeitsweise praktizierte Minimalismus ist authentisch, man kauft es ihm ab.
Dabei geht es weniger um streng minimalistisches Design, das findet man eher
bei den Kollektionen des Labels Jil Sander, als um eine Lebenseinstellung.
Geht man jedoch konsequent hin zum Minimalismus als
Lebensstil, zeigen sich dabei noch weitere Komponenten. Die strenge Abkehr von
der konsumorientierten Überflussgesellschaft und die Kritik an Schnelllebigkeit
unserer Gesellschaft tragen oftmals schon beinah spirituell-religiöse Züge. Bewegungen
wie die Freikörperkultur oder den Hippies sind sicherlich in diesem
Zusammenhang zu sehen.
Aber auch in der Philosophie finden sich Ansätze, die sich
weit vor unserer heutigen vor allem durch Medien zur Schnelllebigkeit und Konsum
orientierten Zeit mit dem Prinzip des einfachen Lebens beschäftigte. Platon
blätterte sicherlich nicht durch die Vogue und besaß auch noch kein I-Phone.
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