Donnerstag, 19. Mai 2011

Ja, erzählen kann man viel über das Theater. Und über Politik sowieso.


Aber wieso mag Herbert Fritsch das politische Theater nicht? Vgl. „Sonntags bei schlechtem Wetter“)
Schwierig zu sagen. Ich kann diese Aussage auf jeden Fall nicht zu 100% teilen.
Wenn Theater als Medium der Politik benutzt und für ihre Zwecke geradezu missbraucht wird - dann ja, dann teile ich die Meinung von Fritsch. Theater, das eine bestimmte Ideologie verfolgt und als Mittel der Propaganda eingesetzt, braucht niemand. Erstaunlicherweise haben das sogar schon die Theaterbesucher im Dritten Reich gemerkt. Die so genannten Thingspiele der Nazis, die als völkisches Theater etabliert werden sollten, wurden nie richtig vom Publikum angenommen und verschwanden nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung.
Aber auch die Form des politischen Theater, das darauf abzielt, gesellschaftskritisches Denken zu fördern und ein politisches Handeln beim Zuschauer anzukurbeln und so ja durchaus noble Ziele verfolgt, kann schnell einen fahlen Beigeschmack bekommen, wenn es mit dem moralisierenden erhobenen Zeigefinger daherkommt.

Ein ganz andere Art des – im weitesten Sinne - politischen Theaters macht dagegen die Gruppe Rimini Protokoll. In ihrem neusten Projekt erleben die mit GPS-Telefonen und Kopfhörern ausgestatteten „Zuschauer“ (die hier selbst zu Akteuren werden) den Berliner Stadtraum auf ganze neue Art. Zeitzeugen erinnern sich am Ort des Geschehens daran, wie sie zum Opfer der Stasi-Überwachung wurden. Sie sprechen die Protokolle selbst ein und flüstern sie dem Theaterbesucher direkt ins Ohr. So bekommt dieser das Gefühl unmittelbar an den Erlebnissen der Zeitzeugen teilzuhaben. Alte Stasi-Akten und Protokolle werden so zum Leben auf persönliche Art und Weise zum Leben erweckt und ermöglichen einen ganz neuen Blick auf das sonst so vertraute Stadtbild.

„50 Aktenkilometer. Ein begehbares Stasi-Hörspiel“ ist im Mai und Juni in Berlin zu erleben und zeigt eine ganz andere Herangehensweise, wie sich Theater mit Politik auseinander setzen kann. Und zwar so, dass es nicht nur lehrreich ist, sondern auch verdammt viel Spaß macht.

Beitrag von Radioeins RBB zu "50 Aktenkilometer":

http://www.rimini-protokoll.de/website/media/50%20Aktenkilometer/0910_stasi.mp3

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